Mit dem Hausboot auf dem Oberen Lot

Schwarzer Wein und Trüffel, grünes Wasser und weiße Steilküsten

Der Lot ist mit seinen fast 500 km Frankreichs siebtlängster Fluss. Er ist zwar nicht durchgängig mit einem Hausboot befahrbar, für eine Urlaubswoche auf dem Wasser jedoch perfekt geeignet. Die Region bietet Gaumenfreuden, opulente Natur, wunderschöne Dörfer und romantische Orte. Die Schleusen sind manuell zu bedienen, mit Strömungen kann in manchen Monaten gerechnet werden. Fazit: nicht die einfachste Hausbootdestination, die LOCABOAT anbietet, aber sicherlich eine der schönsten. Entdecker und Abenteurer werden reichlich belohnt.

Der Lot

Im unteren Teil ist der Lot vom ‚Canal du Midi‘ bzw. der Garonne aus bis Fumel schiffbar, dann erwachsen unüberwindliche Hindernisse in der Form von riesigen Stauwehren, die zur Gewinnung von Elektrizität erbaut wurden. Seit 1926 und damit seit 90 Jahren wird er nicht mehr von der gewerblichen Lastschifffahrt befahren und ist für den Schiffsverkehr ganz gesperrt. Die Eisenbahn machte dem Schiffsverkehr wie an anderen Stellen auch, den Garaus – doch inzwischen verkehrt auch sie nicht mehr. Nun besinnt man sich nach und nach der beeindruckenden touristischen Attraktion des Lot und setzt abschnittsweise, jedoch immer noch begrenzt durch Stauwehre, wieder Schleusen in Gang, die im Bereich des Oberen Lot – bis auf eine einzige – alle mit eigener Muskelkraft bedient werden müssen. Das Vorgehen wird vor Ort erklärt.

 

Reisebericht : Eine Fahrt auf dem Oberen Lot

 

Abfahrt an der LOCABOAT Basis Cahors

Schon bei der Ausfahrt aus dem Freizeithafen in Cahors, nahe der nach Stéphane Hessel (1917 – 2013), dem Autor des Essays ‚Empört euch‘, benannten Brücke, liegt flussaufwärts des insgesamt 64 km langen und zwischen Larnagol und Luzech befahrbaren Abschnitts schon das Wahrzeichen der Stadt, die beeindruckende Pont Valentré. Unter dem rechten Brückenbogen versteckt sich die erste Schleuse: Ab jetzt heißt es vorher von Bord zu gehen und sie als erste von 34 Schleusen für die Durchfahrt bereit zu machen.

 

Mächtige Gaumenfreuden

Körperliche Betätigung ist auch unbedingt ratsam, denn mit den Trüffel-Spezialitäten aus dem nahen Périgord, der politisch nicht korrekten Enten- und Gänsestopfleber, Wildterrinen, Wachteln… dem servierten lokalen Pastis, dem Pain Croustilot…. riskiert man leicht einige Pfunde mehr auf der Waage. Dunkelrot, fast schwarz funkelt der Wein, der aus roten Malbec-, Merlot- und auch Tannat-Trauben hergestellte Vin ‚Noir de Cahors‘, der auf einer Fläche von 4.000 ha angebaut wird. (Die Wahlheimat des Malbec ist Argentinien geworden…). Bis an die Ufer des Lot erstrecken sich die Reben – in Caillac, Parnac oder in Caix, wo das dänische Königshaus ein Weinschloss besitzt, sollte man anhalten und einen Schluck verkosten.

 

Die Stadt Cahors

In einem großen Bogen umfährt man die Halbinsel der Stadt Cahors, die zum Fluss keine mit Bistros oder Restaurants belebte Uferpromenade aufweist. Die Departements-Hauptstadt, eine römische Siedlung an der Quelle des ‚Chartreux‘ mit ihren 20.000 Einwohnern hat sich schon immer in ihr gut erhaltenes, mittelalterliches Innere zurückgezogen und die Halbinsel mit einer heute noch bestehenden imposanten Stadtmauer abgetrennt. Um die üppig bestückte Markthalle herum, in der es offene Weine schon für 1 € gibt, liegt die Kathedrale aus dem 1. Jahrhundert, stehen Fachwerk-Häuser, das Königsschloss, das Henkerhaus und der Turm des Papstpalais von Johannes XXII. Den zentralen Platz, benannt nach dem französischen Präsidenten Mitterand, überragt das Denkmal des 1838 hier geborenen Staatsmanns und Mitbegründers der III. Republik, Léon Gambetta (- 1882). Bezaubernd sind die 25 privaten und öffentlichen Gärten, die man auf einem Rundgang entdecken kann, wenn man einem Rundweg von der Pont Valentré aus dem im Boden eingelassenen Akanthus-Blatt folgt.

 

Natur und Landschaft

Weiter geht es den Lot entlang, zunächst durch die an der Strecke einzige automatisierte Schleuse Coty. Langsam gewinnen Natur und Landschaft Oberhand über das städtische Treiben – umgestürzte Bäume ragen ins Wasser, Reiher stehen lauernd am Ufer, plötzlich fliegt ein glitzernd-blauer Eisvogel vorbei, kleine malerische Landsitze, Schlösser, deren Namen Weingüter zu Glanz verhelfen und vor allem Wassermühlen säumen den Weg. Das grüne Wasser des Lots fließt breit und gemächlich dahin, doch insbesondere vor den Schleusen, verursacht durch die Stauwehre, gibt es Strömungen. Hier sollte besondere Aufmerksamkeit an den Tag gelegt werden.

 

Ortschaften und Städte

Zum Ort Arcambal führt ein enger Schleusenkanal. Von Velles herunter grüßt seit dem 10. Jahrhundert die romanische Kirche Notre Dame de Velles, Wallfahrtsort der einstigen Lot-Schiffer, die traditionellerweise auch heute noch immer am 15. August, an Maria Himmelfahrt stattfindet.

Es lohnt sich unbedingt, direkt nach der 1836 erstmals erbauten Schleuse am Anleger von Vers festzumachen. Durch das schmucke Dörfchen führt eine römische Wasserleitung – das Aquädukt aus dem Jahre 30 leitete auf 33 km Länge Trinkwasser bis nach Cahors. Heute fließt vor allem im seit fünf Generationen familiengeführten ‚Truite Dorée’ guter und einheimischer Wein zum unschlagbar leckeren ‚Menu Logis‘ bei einer Auswahl unter sieben Vorspeisen, fünf Hauptspeisen und drei Desserts und das zu einem Preis von 28 €. (September 2016)

 

Schleusenkanal von Ganil

Zum Glück warten am nächsten Tag wieder ein paar Schleusen zur körperlichen Betätigung, so beim engen Schleusenkanal von Ganil, bei dem man nicht unbedingt einem Ausflugsschiff begegnen sollte. Danach beginnt unbestritten der landschaftlich reizvollste Höhepunkt der Reise.

 

Kalkstein und Kunst

Nach Bouziès ragen über der gleichnamigen Schleuse steil die weißen Kalksteinfelsen empor – am Lot wurde 1847 ein Treidelpfad 1847 in den Stein gehauen, um damals das Boot an den Felsen entlang ziehen zu können. Vor einigen Jahren wurden die Seitenwände durch den Steinmetz Daniel Monnier mit künstlerischen Motiven gestaltet. Überhaupt zieht der Lot Künstler an – so ist das Atelier des Malerpaares Sally Davies und Jeffery Stride am Dorfplatz von Vers fast immer geöffnet – zu ihnen wird sich demnächst ihre Tochter, die Keramikerin Eleanor Stride mit ihrem Partner, dem Holzbildhauer Frédéric Boiron gesellen.

 

Tropfsteinhöhle

Nur ca. 5 km vom Lot entfernt liegt bei Cabrerets die berühmte und erst 1922 entdeckte Tropfsteinhöhle Pech Merle, die mit ihren Wandgemälden von Mammuts künstlerisches Zeugnis einer Besiedelung schon von vor 350.000 Jahren ablegt. Bei La Toulzanie oder bei St.Martin-Labouval können sogar vom Boot aus troglodytische Bauten bewundert werden.

 

Saint-Cirq-Lapopie

Das auf einem hohen, steilen Berg thronenden Dörfchen Saint-Cirq-Lapopie, das einst die Familie Lapopie mitbesessen hatte, wurde als eines der schönsten Dörfer Frankreichs ausgezeichnet. Schon der ‚Papst des Surrealismus‘ André Breton (1896 – 1966), der hier eine Zeitlang lebte, beschrieb das charmante Dorf, als „eine unwirkliche Rose in der Nacht“. Der englische Künstler Roger Whittaker hat hier sein Domizil aufgeschlagen. Nicht weit von hier, in Cajarc wurde die (morphiumsüchtige) Autorin Françoise Sagan (1935 – 2004) geboren und im nahen Senzac beerdigt, die mit ihrem Roman ‚Bonjour tristesse‘ Berühmtheit erlangte.

Hat man das Boot am Anleger festgemacht, geht es nun zu Fuß steil bergan, um entlang des Jakobsweges in den Ort Saint-Cirq-Lapopie zu gelangen – der Blick von der Burgruine lässt das Boot, das hinter dem Schleusenkanal liegt, recht winzig erscheinen. Neben dem Aromamuseum und dem Laden eines heimischen Safrananbauers, dem Weinmuseum und dem Musée Rignault, ist der Ort zu einem Refugium von Künstlern aller Art geworden. Noch immer wird die handfeste Kunst des Drechselns betrieben – früher, um kunstvoll Hähne für die Weinfässer herzustellen, heute um kunsthandwerkliche Gegenstände zu gestalten. Bei der Schleuse ist noch eine der alten Wassermühlen aus der Nähe zu bestaunen – Was mögen ihre Mauern nicht alles auf dem Lot gesehen haben: Kalktransporte von Larnagol, der heutigen Endstation des schiffbaren Lot, den Transport der Weinfässer und im Zuge des merkantilistischen Wirtschaftssystems von Ludwig IVX und seinem findigen Finanzminister Colbert wurde sogar Seide aus den Seidenraupenzuchten auf dem Lot befördert.

Recht schnell, leider zu schnell, heißt es nach einer Woche in Frankreichs Südwesten wieder die Heimfahrt anzutreten.

 

Heimreise mit Unterbrechung(Tipp)

Vorbei an der Dordogne-Schlucht, dem Limousin und dem Vulkangebirge der Auvergne auf einer Autobahn, die bis auf 800 bis 1000 Höhenmeter führt, gelangt man über das Morvan, Burgund, den Jura ins Elsass und hat Frankreich vom Südwesten bis in den Osten auf 800 km durchquert. Als Zwischenstopp auf der Hälfte der Fahrt – in unserem Fall nach Freiburg – bietet sich das Bourbonen-Städtchen Moulins mit seinem ‚Hotel de Paris’ und dem legendären Jugendstil-Café ‚Le grand Café’ zur Unterkunft und Einkehr an. Der Saint-Pourcain-Wein lohnt dort die Entdeckung. Und sicherlich findet sich im Kofferraum auch noch ein Plätzchen, um ihn zu den anderen Flaschen der Weinberge des AOC Cahors zu legen. Zur Besichtigung verlocken die Kathedrale ‚Notre-Dame’, der Wehrturm ’La Mal Coiffée’ und Museen wie das Maison Mantin (einem über 100 Jahre verschlossenem Haus) und das Musée Anne-de-Beaujeu, das sich auch der Geschichte der Bourbonen widmet.

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